Möglicherweise fängst du an am Rand zu zeichnen, um dich dann ins Innere vorzuarbeiten? Lass‘ uns dich mit dem wichtigsten Grundbegriff des Porträt Zeichnens vertraut machen. Es ist der Winkel zwischen der Sehachse des Betrachters und der Symmetrieebene des Kopfes des Modells. Er liegt zwischen 0° und 90° und kann in einem von fünf Bereichen liegen.
Bei 0° liegt die Frontalansicht. Hier sieht das Modell den Betrachter direkt an. Es scheint, etwas von der auf Seiten des Betrachters empfundenen Würde verloren zu haben. Diese Ansicht wird gerne bei Fahndungsfotos oder bei biometrischen Lichtbildausweisen benutzt. Zwischen 0° und 30° liegt das Viertelprofil. Beim Viertelprofil sieht das Modell den Betrachter an. Ein Ohr ist verschwunden, eine Gesichtshälfte wird verkürzt wiedergegeben. Weil der Oberkörper des Modells leicht vom Betrachter weggedreht ist, wird eine konfrontative Situation vermieden. Diese Ansicht wird gerne bei Bewerbungsfotos eingesetzt. Zwischen 30° und 60° liegt das sogenannte Halbprofil. Das Modell sieht den Betrachter weiterhin an. Eine Kopfhälfte ist sichtbar. Vincent van Gogh hat diese Ansicht gerne in seinen Selbstporträts gewählt. Zwischen 60° und 90° liegt das Dreiviertelprofil. Das Modell sieht den Betrachter nicht mehr an, das würde komisch wirken. Ein Auge ist verschwunden, und die Nase überragt die Gesichtskontur. Bei 90° liegt das sogenannte Profil. Auf antiken Münzen haben sich die Herrscher gerne in dieser Ansicht abbilden lassen. Das hatte zwei Gründe. Die auf Seiten des Betrachters empfundene Würde des Modells ist wiederhergestellt. Auf persönliche Merkmale, wie sie im Gesicht zu finden sind, kann in Anbetracht der überpersonalen Stellung des Herrschers verzichtet werden. Das Verlorene Profil ist ein Dreiviertelprofil von hinten.
Poträt Zeichnen an der Akademie Ruhr
Eine besondere Ansicht hat Caspar David Friedrich für seine Darstellung des Wanderers in dem Gemälde „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ gewählt. Er zeigt ihn uns von hinten. So werden die innere Größe und Einsamkeit des Mannes mit Händen greifbar. Die Gischt der See zeigt uns, dass der Wanderer viele innere Kämpfe bestritten hat. Seine stolze Haltung zeigt uns, dass er siegreich geblieben ist. Der passende Sountrack zu dem Bild wäre sicher Beethoven’s Fünfte. Beide, das Bild und die Komposition, stammen aus derselben Epoche. Das berühmteste Porträt ist sicher die „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci. Unstrittig ist der Schöpfer, gestritten wird heute noch darüber, wer Modell gestanden haben mag. Der Fall ist umgekehrt gelagert bei dem Gemälde „Salvator mundi“. Klar ist die Frage nach dem Modell: Jesus Christus. Gestritten wird über den Schöpfer: war er Leonardo da Vinci oder „nur“ ein Schüler?
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Autor: Michael
Bilder: Akademie Ruhr