Das Wichtigste - Genau hinsehen
Dann lass‘ uns uns zunächst Gedanken über das Sehen machen. Beim Sehen wird ein dreidimensionales Geschehen auf eine zweidimensionale Netzhaut abgebildet. Dabei geht, wie sollte es auch anders sein, Information verloren. Der Satz, der die Abbildung bestimmt, ist der Strahlensatz. Die Seitenlänge eines Quadrates auf der Netzhaut ist die Seitenlänge des Quadrates in der Realität geteilt durch die Entfernung vom Betrachter. Es gibt also zu einem Quadrat auf der Netzhaut unendlich viele Quadrate in der Realität, die darauf abgebildet werden, nämlich solche mit wachsender Entfernung vom Betrachter. Mit einem Auge kann man also nicht in die Tiefe sehen. So ist der Witz von dem Astronomen zu verstehen, der Staub auf dem Okular seines Teleskops für eine neue Galaxie hält. Der zweite Satz des Sehens ist jener, dass Flächen mit geringerer Entfernung zum Betrachter solche Flächen überlappen, die weiter entfernt vom Betrachter gelegen sind, solange beide die Sehachse schneiden.
Diese Sätze kann man auf das Zeichnen übertragen. Was dann entsteht, ist das perspektivische Zeichnen. Das können sein die Einpunktperspektive oder auch Zentralperspektive, die Zweipunktperspektive, die Dreipunktperspektive, zu der auch die Froschperspektive oder die Vogelperspektive zählen, oder die Mehrpunktperspektive. Du wolltest wissen, was die Dreipunktperspektive ist? Nun, wir machen sie an einem Architekturskizzen Beispiel klar. Zunächst wählst du drei Fluchtpunkte in der Zeichenebene. Sie repräsentieren die unendlich fernen Punkte. Nun wählst du verschiedene Gegenstandspunkte in Form eines Würfels. Du verbindest nun jeden Gegenstandspunkt mit einem Fluchtpunkt. Bei geeignetem Abbruch der Geraden kannst du einen Wolkenkratzer konstruieren, der am Boden mächtiger ist als in der Höhe, oder der in der Höhe mächtiger ist als am Boden. Das entspricht der Frosch- oder Vogelperspektive.
Wer braucht das perspektivische Zeichnen?
Architekten brauchen es ständig. Sie müssen überprüfen, ob ihre Ideen in die Tat umsetzbar sind. Was realisierbar ist, ist zeichenbar. Die Umkehrung gilt nicht. Dies zeigen die Arbeiten von M. C. Escher. Den beständig aufwärts fließenden Fluss gibt es nicht, genausowenig wie die immer aufwärts steigende Treppe. Das sollte jeder Architekt wissen. Heutzutage benutzen Architekten zwar Computer, im Studium lernen sie jedoch zu verstehen, was der im Prinzip macht. Zeichnen lernen heißt Sehen lernen.
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Autor: Michael
Bilder: Akademie Ruhr